Eines der wichtigsten Regeln der Blumenfotografie ist: Kontrollieren Sie den Hintergrund. Sie besagt, dass die Schönheit des Motivs auch davon abhängt, was sich im Hintergrund abspielt. Rahmt der Hintergrund das Motiv ein und ergänzt er die Stimmung oder lenkt er ab und stört den Gesamteindruck?  Liegt der Fokus auf dem Hauptmotiv oder irgendwo anders?

Bei schlecht gewählten Hintergründen liegt beispielsweise der Fokus nicht auf der Blüte, sondern auf dem Maschendrahtzaun dahinter oder einem Stein davor. Zu weit gefasste Szenarien lenken ebenso vom Hauptmotiv ab. Wenn also nicht eine einzelne Blüte oder ein dicker Tuff mit Blumen attraktiv im Szene gesetzt wird, sondern das ganze Beet „mit aufs Bild muss“, enttäuscht das Ergebnis. Denn, so grandios so ein buntes Tulpenbeet fürs Auge auch wirkt, mit der Kamera können Sie diesen Eindruck nur selten so schön einfangen. Das gelingt allenfalls auf dem Keukenhof, wo ganze Blütenteppiche gleichfarbiger Tulpen gemalt werden und wo es eben auf Masse ankommt und nicht so sehr auf die einzelne Blüte.

Ganz anders im eigenen Garten und bei der Blumenfotografie. Die Hauptrolle spielt EINE Blüte und alles drum herum ist unterstützendes Beiwerk.

Blüten besser freistellen mit Offenblende.

Im Idealfall stellen Kamera und Objektiv das Motiv völlig frei. Das gelingt allerdings nur wenn Ihr Kamerasystem technisch dazu in der Lage ist: Dazu muss die Blende möglichst weit offen sein (= kleine Blendenzahl). Je nach Objektiv und gewählter Blende ist der Bereich, an dem das Motiv komplett scharf abgebildet wird (Tiefenschärfe), sehr eng begrenzt. Dies ist kein Fehler, sondern Absicht.

 

Blumenbild einzelne Herzblüte

Offenblende (Blende 2) stellt die Herzblüte komplett frei.

Mit Abstand besser freistellen.

Je weiter das Motiv vom nächsten Objekt entfernt ist, desto leichter funktioniert das Freistellen. Das heißt: Ein Grashalm, der vor oder hinter der Blüte steht, wird unscharf. Liegt der Grashalm jedoch auf gleicher Höhe mit der Blüte, wird er ebenso scharf abgebildet wie diese. Zumindest ist der Grashalm noch gut sichtbar. Und wenn das so ist, müssen Sie entscheiden, ob der Grashalm hilfreich für den Bildaufbau ist oder stört. Wenn er stört, muss er weg. Wenn jedoch der begleitende Grashalm wichtig für den Bildaufbau ist, sollten Sie dennoch darauf achten, dass der Fokus direkt auf der Blüte liegt und nicht auf dem Grashalm. Millimeter entscheiden.

Besser freistellen durch Wechsel der Perspektive.

Ein störender Grashalm kann ab. Aber was ist, wenn unverrückbare Dinge Ihrem Bildmotiv in die Quere kommen: Beispielsweise ein Zaun, ein Gehölz oder ein grauer Rasenkantenstein mit gerader Kante?

Zwei Möglichkeiten: Entweder Sie buxieren, beispielsweise mit einem Bambusstöckchen, das störende Element aus dem Bildbereich. Oder Sie nehmen mit der Kamera einen anderen Standpunkt ein. Dazu umrunden Sie Ihr Wunschmotiv (zumindest mit dem Auge) und finden Sie einen möglichst optimalen Standpunkt für die Kamera.

Einfach freistellen durch Farbe und Kontrast.

Ein großflächiger uni Hintergrund ist auch in freier Natur zu finden: Grauer oder blauer Himmel, eine frisch gemähte grüne Wiese, eine Hauswand oder andere Blüten. Wichtig ist stets der genügend große Abstand zwischen Blüte und  Hintergrund, dessen Farbe und Helligkeitswert. Damit das Gehirn hinten als weiter weg liegend richtig interpretiert, sollte dieser heller als der Vordergrund sein. Andererseits kann es ebenso reizvoll sein, eine helle Blüte vor dunklem Grün darzustellen. Hauptsache ist, der Hintergrund hält sich zurück und unterstützt damit den Auftritt des Hauptdarstellers.

Blumenbild Zinnoberrote Tulpen im Frühlingsgarten.

Gelbe Tulpen im Hintergrund bringen auch die roten Blüten zum Leuchten.

Bitte nicht von oben herab.

Wer Blumen schön inszenieren will, behandelt sie respektvoll und blickt nicht auf sie herab. Das gilt erst recht für die Blumenfotografie. Begeben Sie sich statt dessen mit der Kamera auf das Niveau der Blumen und Sie werden staunen, wie anders die Welt plötzlich aussieht. Vor allem interessant!

Von oben betrachtet bildet meistens braune Erde der Hintergrund der Blüten. Sie passt so gar nicht zu zarten Farben und Strukturen. Zudem reicht der Abstand zum Freistellen zumeist nicht aus. Sehr viel besser ist es, Sie begeben sich mit der Kamera auf Augenhöhe mit den Blüten, suchen den besten Blickwinkel, räumen Störendes aus dem Bild, setzen den Fokus auf das vorderste Blütenblatt, Staubgefäß oder auf die Narbe und machen dann mehrere Aufnahmen. Die Chance auf ein gutes Blumenfoto steigt so dramatisch. Viel Glück dabei.

Blumenbild Purpur Tulpe im Gegenlicht

Tulpe Purple Dream im abendlichen Gegenlicht

Weitere Kapitel zum Thema Blumenfotografie.

Fiona Amann

Fiona Amann ist Texterin und Blumenfotografin und gärtnert leidenschaftlich gerne. Auf Blumenbilder.org bloggt sie über Leben mit Blumen: Raumgestaltung mit natürlich schönen Blumenbildern, Fototapeten und Blumenkissen. Dazu gewährt die Bloggerin Einblicke in ihren Garten, gibt Pflegetipps für Zimmerpflanzen und stellt Bücher zu den Themen, Garten, Kochen und Wohnen mit Grün vor.