Im Gärtner Pötschkes Gartenbuch steht:
Löwenmaul-Sämlinge im Frühbeet oder aus der Schale sollten möglichst pikiert werden, sonst werden sie leicht dünn und geil und wachsen im Freiland nicht gut an. (…) Die Jungpflanzen überstehen den Winter mit einem leichten Schutz aus Tannenreisig. (…) Wer die Beete im Herbst mit Reisig abdeckt, hat im zweiten Jahr noch einmal seine Freude an einer Blüte.
Ich kenne so einige Blumenfreunde, die sich seit Jahren und Jahrzehnten an diese Ratschläge halten und trotzdem über Löwenmäulchen klagen. Das Saatgut liefe schlecht auf, sei „blöd“ zu pikieren, mickere hier, schwächele dort obwohl man es doch immer „pflege“ und eine Pilzerkrankung sei zudem Schuld an den dunkel gepunktete Blätter. Meine Nachbarin zieht genau deswegen schon seit Jahren keine Löwenmäulchen mehr vor.
Und nun das: Ein rosa Löwenmäulchen hat sich eine Ritze zwischen Straße und gepflasterten Garagenvorplatz als Heimstatt ausgesucht und blüht seit Wochen unermüdlich. Ungestört von allen Passanten und Verkehrsteilnehmern. Sogar Hunde lassen es in Ruh‘. Da sage noch einer, Löwenmäulchen seien schwierig. Das krasse Gegenteil ist der Fall. Man muss es nur lassen, dann wächst und gedeiht es überall.
Im Garten kenne ich das schon. So finde ich immer wieder „zugeflogene“ Löwenmaulsämlinge irgendwo zwischen Stauden und Rosen oder unter der Hecke. Auch in den Mauerpflanzringen an der Straße entlang blühen plötzlich Löwenmäulchen, die niemand dort hin gepflanzt hat. Geschweige denn gesät.
Das Löwenmäulchen in der Pflasterfuge erreicht jedoch eine völlig neue Dimension und beweist seinen unbändigen Lebenswillen. Ein Lehrstück von Mutter Natur. Hut ab!